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Bereits am 11. November 1918 hatte der Waffenstillstand von Compiègne die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs beendet, nicht aber den Kriegszustand. Dieser endete erst mit Inkrafttreten des Friedensvertrages von Versailles vor 100 Jahren. Er konstatierte die alleinige Verantwortung Deutschlands und seiner Verbündeten für den Ausbruch des Weltkriegs und verpflichtete es zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte. Von vielen Deutschen wurde er als demütigendes Diktat empfunden. Und tatsächlich bedeutet er in der Phase des "heißen Krieges" (1914-1945) nur eine kurze Pause. Erst nach dem zweiten Weltkrieg und weiteren Millionen Toten konnte eine neue, friedlichere Ordnung in Europa etabliert werden, verbunden allerdings mit einer scharfen Trennlinie zwischen Ost und West zu Zeiten des "Kalten Krieges".
Im ersten Part der Vorlesung wird Prof. Dr. Gerhard Michael Ambrosi, bis zu seiner Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls für Europäische Wirtschaftspolitik an der Universität Trier, das Geschehen rund um die Waffenstillstandsverhandlungen beleuchten, an denen auch der junge Ökonom Keynes für die englische Seite sowie Matthias Erzberger als Bevollmächtigter der Reichsregierung teilnahmen. Keynes gab wenig später auch eine damals viele beachtete Schriftenreihe über den Wiederaufbau in Europa heraus. Seine von ihm hier angedachten Prinzipien "Pazifismus", "Bevölkerung" - ergänzt um eine sehr pragmatische Grundhaltung - stellten später eine wichtige Grundlage für die europäische Integration nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Als Leiter der Waffenstillstands-Kommission hatte Matthias Erzberger 1918 das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne unterzeichnet. Anschließend setzte er als Reichsminister der Finanzen von 1919 bis 1920 die nach ihm benannte Erzbergersche Reform durch, die als umfangreichstes Reformwerk der deutschen Steuer- und Finanzgeschichte gilt. Er wurde im Jahr 1921 von rechtsterroristischen Attentätern ermordet.
Im zweiten Teil wird dann Heinz-Hermann Elting, langjähriger Mitarbeiter im europäischen öffentlichen Dienst (Gerichtshof und Parlament), den langen Weg vom Versailler Vertrag bis zur "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl" - kurz: Montanunion - beschreiben, die als Vorläufer der Europäischen Gemeinschaft bereits weit mehr war als ein reiner Wirtschaftsverband. Der Weg führte ausgehend von den nicht gerade friedensfördernden Bedingungen des Versailler Vertrages über den zweiten Weltkrieg und die anschließende Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis hin zur deutsch-französischen Aussöhnung und - schließlich - zur "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl" (1952). Zu den Wegbereitern gehörte dabei sicherlich Robert Schuman, der von 1948 bis 1953 die Außenpolitik Frankreichs führte und dem es endlich gelang, die damals übliche Vergeltungspolitik zu durchbrechen. Prägend waren dabei für ihn sicherlich die Bemühungen von Aristides Briand, der sich zwischen den Weltkriegen um eine gerechtere Nachkriegsgesellschaft im Rahmen einer föderalen Union Europas bemühte - damals leider noch erfolglos.
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